Chronik Werda

Kleine Chronik
der ev.-meth. Kirchgemeinde Werda (Vogtl)
Zusammengestellt und vorgetragen anläßlich des
fünfzigiährigen Bestehens der Christuskapelle

Ein Fest, wie wir es heute feiern dürfen, gibt Anlass zur
Rückschau. Voller Dankbarkeit blicken wir zurück auf das Jahr
1894, wo der Bibelkolporteur Jakob Krogel von den
„Vereinigten Brüdern in Christo“ auch nach Werda kam und in
dem einfachen Bauernhaus Nr.8 bei dem Ehepaar Robert und
Lina Hüttner die ersten Stubenversammlungen abhielt, die dann
von Prediger Spiegel, dem Geistlichen der Falkensteiner
Gemeinde der ,,Vereinigeten Brüder“ bis 1898 fortgesetzt
wurden. In Falkenstein wurde damals die Versammlungsfreiheit
eingeschränkt, und so fanden die Geschwister mit ihrem Prediger
in Werda bei der Familie Hüffner ein offenes Haus, um die
Gottesdienste ungestört abhalten zu können. Ein Weizenkorn
war damit auch in Werda ausgestreut worden.

Leider währte diese Möglichkeit der Verkündigung vom Kreuz
nicht lange, denn schon im Jahre 1898, als Bruder Spiegel aus
Falkenstein wegzog, fand auch das Gemeindeleben in Werda ein
vorläufiges Ende. Uns ist bekannt, daß die Geschwister Hüttner
in den folgenden 10 Jahren nach Falkenstein gingen, um weiter
Gottes Wort zu hören. Sie schlossen sich als erste Werdaer 1913
der Methodistenkirche, die die Arbeit der „Vereinigten Brüder“
übernommen hatte, an.

Dem Drängen der Geschwister Hüttner ist es zu verdanken, daß
die damals in Werda begonnene Arbeit der Wortverkündigung
erneut aufgenommen wurde. Im Jahre 1908 begann Pastor
Dietze aus Falkenstein unter vielen Gebeten beharrlich und
geduldig die Fortsetzung des Dienstes, zu dem erneut
Geschwister Hüttner ihr Haus zur Verfügung stellten. Von da an
wurden regelmäßig Gottesdienste Sonntag nachmittags
abgehalten. Von unserer Schwester Hulda Zimmer – sie steht
heute im 85. Lebensjahr – war zu erfahren, daß etwa ab 1905
jeden Sonntag auch neben dem Gesang der kleinen Gemeinde
von zwei jungen Mädchen (ihr selbst und Martha Schinnerling)
Lieder vorgetragen wurden, eingeübt von Bruder Albert
Schlesinger aus Falkenstein.

Das Singen der Erweckungslieder gab Freude ins Herz, und so
sagte manchmal die Gerbeth’s Pauline zu den jungen
Sängerinnen: „Kummt, singt noch emol!“ – Weil Jesus auch in die
Herzen junger Menschen eingekehrt war, interessierten diese sich
für die Dinge dieser Welt immer weniger. Im Laufe der Zeit
entwickelte sich die Gemeinde immer mehr, und es wurden
weitere sangesfreudige Geschwister gewonnen, bis allmählich ein
gemischter Chor heranwuchs. Die Leitung hatte Bruder Otto
Thoß aus Ellefeld, welcher viele Jahre dem Chor als Leiter
diente.

Der Segen Gottes ruhte sichtbar auf der sich bildenden
Gemeinde, die u.a. auch von Bruder August Schmidt, genannt
Bibel-August, mit dem Wort Gott es vertraut gemacht wurde. In
den weiteren Jahren taten folgende Falkensteiner Prediger einen
segensreichen Dienst in unserem Ort: Von 1913-16 Bruder
Werler, von 1916-21 Bruder Bröske und ab 1921 Bruder Dürr,
unterstutzt von Laierbrüdern aus Falkenstein und Treuen (u.a.
von Bruder Otto Weber).

Der Platz beim „Elies“ – gemeint sind die Geschwister Hüttner –
reichte nicht mehr aus und man erwog, eine eigene Kapelle zu
bauen, wobei allerdings staatlicherseits zur Bedingung gemacht
wurde, daß eine bestimmte Azzahl von Gliedern dazu vorhanden
und den Bau zu tragen bereit sein mußte. Es begann der Kampf
um die Existenz als selbständige Gemeinde. Dem stand u.a. die
Verbindung durch die Mitgliedschaft zur Evangelischen Kirche
im Wege. Man wollte ein verbindliches Leben führen und sich
auch der weltweiten Bewegung der Methodisten anschlieáen
nach dem Leitsatz von Johannes Wesley „Seelen zu retten ist
unser Beruf!“ und „Methodismus ist Christentum im Ernst“.-

Unter der Leitung von Bruder Dürr gediehen die weiteren
Gespräche für den Bau einer eigenen Kirche, So konnte im
Frühjahr 1927 auf dem den Geschwister Hüttner gehörenden
Grundstück gegenüber dem alten Versammlungsraum mit den
ersten Arbeiten begonnen werden. Das Grundstück erhielt die
Gemeinde von den Geschwistern Hüttner als Geschenk. Am 7.
Mai 1927 vollzog der damalige Distrikssuperintendent E.
Hermann Zeuner die Grundsteinlegung. Über diesem Bau lag der
Segen Gottes, und es waren glaubensmutige und freudige
Geschwister da, die nicht „ängstlich überlegten, ob die kleine
Werdaer Gemeinde die Verzinsung des Baukapitals werde
übernehmen können, sondern in echter brüderlicher
Gemeinschaft trug die Muttergemeinde Falkenstein die Lasten
mit. Es sei hier auch erwähnt, daß die Baukosten ca. 19.000
Mark betrugen. Ein besonderer Dank gebührt hier dem
damaligen Prediger des Bezirkes, Bruder Dürr, dem es in erster
Linie zuzuschreiben ist, daß wir diese schöne Kapelle besitzen.
Nach vielen Mühen konnte am 11. September 1927 die
Einweihung stattfinden, bei welchem Superintendent K. Albert
Wenzel, der inzwischen den Leipziger Distrikt übernommen
hatte, die Weihepredigt über Psalm 26,8 hielt: „Herr, ich habe
lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“
Die Einweihung gab den Auftakt zu einer weiteren gesegneten
Entwicklung der Gemeinde, die mit der Aufnahme von 16
Probegliedern in volle Verbindung am darauffolgenden Sonntag
begann. Die Gottesdienste wurden bis zur späteren Verbindung
der Gemeinde mit Schöneck immer früh abgehalten.

Im Juli 1927 bereits wurde die Gründung eines Posaunenchores
eingeleitet und die Werdaer Brüder erhielten vom Posaunenchor
Falkenstein drei Instrumente. Aus Mitteln der Gemeinde und
durch ein Darlehen von Bruder Reinhard Lehmann, sowie durch
zwei Musikabende konnten weitere sieben Instrumente
angeschafft werden. (über den Dienst des Posaunenchores sind
seit der Gründung jährlich Protokolle angefertigt worden.) Durch
Gottes Gnade konnte Ostern 1928 der Chor erstmals vor der
Kapelle Auferstehungschoräle blasen. Auf dieses Jahr geht auch
die Gründung eines Jugendbundes und der Sonntagsschule
zurück.

Es gestaltete sich ein abwechslungsreiches Gemeindeleben. U.a.
wurden auch hin und wieder Waldgottesdienste abgehalten, die
noch etliche Jahre nach dem Krieg möglich waren. Geistliche
Höhepunkte waren auch immer wieder Evangelisationen, wo sich
Menschen zu Christus bekannten.

Nach 20 Jahren erhielt unsere Christuskapelle unter dem
damaligen Pastor Karl-Hans Pollmer eine von der Firma Franz
Schilling Söhne, Apolda hergestellte kleine Bronzeglocke. Sie
hat einen Durchmesser von etwa 40 cm und ein Gewicht von
etwa 40 kg. Für diese Glocke wurden 1000 Reichsmark bezahlt.
Am 19. Oktober 1947 ertönte sie zum ersten Mal zu Beginn des
Gottesdienstes.

Ein Jahr später wurde die Gemeinde Werda vom Falkensteiner
Bezirk getrennt und mit der etwa 1930/31 entstandenen
Gemeinde Schöneck zu einem Bezirk vereinigt.

Neben den Predigern und Pastoren taten einen sehr wertvollen
Dienst Laienbrüder der Gemeinden Falkenstein und Ellefeld, die
auch dankbar genannt werden sollten.

von Falkenstein:
Michael Puchta
Hermann Wolf
Otto Ebert
Bernhard Trommer
Arno Zießmar
Ernst Feuerstein
Paul und Max Baumg“rtel
Arnold und Konrad L“scher
Max Thomas
Alfred Sandner
Von Ellefeld:
Karl Frank
Reinhard Löscher
Oskar Meisel
Für Sonntagschule:
Helmut Trommer
Paul Knoth

Sie kamen in der Regel aller 14 Tage.

Nachfolgend seien die Brüder erwähnt, die nach den Gründern
der Gemeinde Werda, Krögel und Spiegel, von dem Bezirk
Falkenstein aus die Station Werda betreuten:Jahr Prediger/Gehilfen
1908-1913 Paul Dietze, August Schmidt (Bibelaugust)
1913-1916 Johannes Werler
1916-1921 Friedrich Bröske
1921-1929 Fritz Dürr / 1928-1929 Alfreid Schenker
1929-1931 Friedrich Klein / 1929-1930 Johannes Körner / 1930-1931 Joh. Schäuble
1931-1932 Paul Brombacher
1932-1936 J.Paul Tautorat
1936-1940 H.Paul Wenzel
1940-1948 Karl-Hans Pollmer
1948-1949 Gottfried Fischer Mit Beginn der Bezirksgemeinden Schöneck/Werda dienten…
1949-1954 Paul Fischer
1954-1958 Manfred Gottschald
1958-1966 Friedwalt Petzold / 1961-1962 Friedhelm Kober
1962-1966 Karl-Friedrich Siebert
1966-1972 Johannes Gerisch
seit 1972 Frieder Enzmann

Die Lieder zu den Gottesdiensten und Bibelstunden wurden bis
zum Jahre 1965 mit mehr oder weniger gut spielbaren
Harmoniums begleitet, bis am 27. Mai 1965 eine von der Firma
Löbling, Erfurt erbaute Kleinorgel eingeweiht werden konnte.

Die zweite Generation war inzwischen herangewachsen und mit
ihr tätige Mitarbeiter für alle Gemeindezweige. Den Frauendienst
übernahm Schwester Klara Pfeiffer aus dem Jägerswald, die an
der Seite ihres Mannes Walter wie eine Gemeindemutter wirkte.
Bruder Pfeiffers Dienst reichte weit über den Bezirk hinaus – bis
nach Amerika, wo er als Delegierter zur Generalkonferenz der
MK 1968 die Mitteldeutsche Konferenz vertrat. 1972 liess er sich
von Bruder Max Rannnler, Werda als Laienabgeordneter
ablösen.

Die erste Januarwoche 1966 wurde zum Beginn einer positiven
Zusammenarbeit mit der ev. luth. Kirche. Der ersten
gemeinsamen Allianz-Gebetswoche folgten in regelmässigen
Abständen gemeinsame Gottesdienste und Feierstunden, bei
denen sich die Sänger und Bläser zusammentaten, so auch zum
heutigen Jubiläum.

Den Bedürfnissen der Gemeinde folgend, dachte man später an
einen Erweiterungsbau. So schufen Gemeindeglieder mit ihrem
Gemeindepastor von 1973-1975 in Eigenleistung einen
Mehrzweckraum mit Küche und ein Jugendzimmer, die nun mit
der gründlich renovierten Christuskapelle eine Einheit bilden. Die
für Uneingeweihte nicht sichtbare Besonderheit ist die elektrische
Fussbodenheizung, die völlig wartungsfrei arbeitet und die
Besucher auch im Winter von unten angenehm durchwärmt.
Damit wurde ein Gesamtwert von ca. 54000 Mark geschaffen.
Am 28.9.1975 zog die Gemeinde in ihre schlichte und doch
schmucke Kapelle wieder ein.

Auch unsere Gemeinde war und ist inneren und „äusseren
Belastungen ausgesetzt. Wir spüren das besonders, wenn der
Geist zu wirken beginnt. Aber Gott sei gedankt, auch die
innergemeindlichen Spannungen können in der Kraft Gottes
getragen und zum Teil überwunden werden. Unser Herr braucht
eine mündige Gemeinde, die an allen ihren Gliedern – den Jungen
und den Alten – zeugnisfähig ist. Dazu wollen wir einander helfen
und den Herrn auch für die Zukunft um Kraft bitten.

Abgeschlossen am 10.09.1977
Günter Schädlich
Frieder Enzmann